Trauer um Tourismuslegende
Nur zwei Wochen nach ihrem 90. Geburtstag ist Hilde Seywald, die langjährige Chefin des traditionsreichen Ferienhotels Glocknerhof im Oberdrautal, am vergangenen Wochenende verstorben.
BERG IM DRAUTAL. Ab den späten 1950er Jahren prägte die passionierte Köchin und Gastwirtin den aufkommenden Tourismus in Oberkärnten, bis zuletzt verbrachte sie ihre Zeit mit Familie und Gästen in der Gaststube.
Nachruf
Hilde Seywald wuchs mit zwölf Geschwistern auf einem Bergbauernhof am Oberberg auf und besuchte nach der arbeits- und entbehrungsreichen Kriegszeit eine landwirtschaftliche Fachschule, wo sie ihre Leidenschaft für die Küche und den Hausgarten entdeckte. Die Kunst der Bewirtung und Unterhaltung von Urlaubsgästen lernte sie beim Schader (Waldpension) – für sie besang sie die gesamte klassische Schlager- und Operettenliteratur ihrer Zeit. Doch schon mit 21 Jahren, 1953, warb sie Ihr Adolf ab, um das gemeinsame Abenteuer und Glück am Glocknerhof zu starten. Geheiratet wurde noch bei der Petroleumlampe, danach ging es Schlag auf Schlag: Ausbau des Maarhofs (1955), Bau der Pension Glocknerhof (1958), Umbau des Bauernhofs (1964), fünf Kinder und eine wachsende Mitarbeiterschar, das erste beheizte Schwimmbad Oberkärntens (1968), das erste Hotel mit Hallenbad (1973).
Ein Leben für die Gäste
Schon in den 60er Jahren zeigte sich ihr ausgeprägtes Gespür für touristische Trends und den Lifestyle der Zeit: Gelungene Gastfreundschaft und nachhaltige Beziehungen waren ihr immer wichtig, aber auch Kreativität in der Werbung und gute Kommunikation. Während Adolf mit Schnaps- und Speckverkauf bis Bad Gastein und Kitzbühel für Erträge sorgte, warb Hilde mit Inseraten in Berlin, Köln, München und Wien um Gäste, die dann – einmal hier – zu Stammgästen wurden.
Glocknerhof
Hilde Seywald war das Herz und Hirn der Aufbaujahre, später die Seele des Hauses, das vielen Generationen von Feriengästen Kärntner Weisen und Gemüt näher brachte. Was mit Adolfs und Hildes Bau einer kleinen Fremdenpension mit Kalt- und Warmfließwasser 1958 begann, entwickelte sich über die Jahre – dank tatkräftiger Mitwirkung ihrer Kinder und Mitarbeiter/innen – zu einem Leitbetrieb der ganzen Region Oberdrautal, und zum ersten Ganzjahresbetrieb mit 80 Zimmern. „Ich habe den Gästen mein Leben gewidmet“, sagte sie einmal über ihre Motivation. „Wenn sie happy sind, bin ich es auch.“ In den über 70 Jahren ihrer aktiven Tourismuslaufbahn waren es wohl weit über 200.000, die sie mit erfrischenden Worten und kulinarischen Gaben begeistert hat.
Quelle: Meine Woche/Larissa Bugelnig